Ausgerechnet Samantha Cameron trug nicht Burberry. Stattdessen erschien die ehemalige First Lady Großbritanniens in einem gestreiften ärmellosen Kleid der Londoner Designerin Emilia Wickstead zur Burberry-Show: Die trainierten Arme kamen zur Geltung, die Taille wurde betont. Die Burberry-Kollektion fand Cameron aber natürlich großartig. „Vor allem die Khaki-Jacken zusammen mit den Baumwollhemden“, sagte sie nach der Show, als sich Models, Redakteure und Kunden im Innenhof des Gebäudes in Soho, in dem die Show stattgefunden hatte, zur After-Party versammelten. Ob sie denn auch gleich etwas kaufen würde, nun, da die Kollektion sofort in den Handel geht? „Vielleicht online.“ In der Burberry-Boutique auf der Regent Street wurden währenddessen vermutlich bereits die ersten Kreditkarten durch das Lesegerät gezogen. Ab sofort kauft man bei Burberry-Business nach dem „See now, buy now“-Prinzip, heißt: Die Kollektion geht direkt nach der Modenschau in den Verkauf und nicht, wie sonst üblich, erst vier bis sechs Monate später – wenn die Kleider von Einkäufern begutachtet, bestellt, produziert und für Magazine fotografiert worden sind. Die Luxusmode geht durch eine schwierige Zeit: Häuser wie Burberry und Prada leiden unter sinkenden Gewinnen, Designer sind überfordert von den vielen Kollektionen, und Journalisten von den vielen Modenschauen. Immerhin in Londoner Boutiquen lassen die Touristen seit dem Brexit-Votum mehr Geld, dem schwachen Pfund sei Dank. Innerhalb der Branche prophezeit man trotzdem Düsteres. Man redet von Designern, die sich dem Kommerzdiktat beugen und nur noch gefällige und seelenlose Kollektionen produzieren, Luxusmode, die nur noch den schnellen Kaufimpuls bedient. „Fortschritt ist Teil unserer Unternehmenskultur, nichts hält ewig. Wir probieren das nun einfach aus“, hält Burberrys Kreativdirektor Christopher Bailey dem entgegen. „Wir werden genau analysieren, was funktioniert hat und was nicht. Bestimmt kennen auch wir nicht die Antworten auf alle Fragen.“ Das Haus in Soho, das Burberry als Veranstaltungsort gewählt hatte und in dem noch bis Samstag eine von der Marke kuratierte Ausstellung über moderne britische Handwerker läuft, wird übrigens im Winter abgerissen. Nichts hält ewig. Burberry stand mit seiner Mode für den aktuellen Herbst ziemlich allein da – alle anderen Labels auf der London Fashion Week stellten Kollektionen für den nächsten Frühling und Sommer vor. Das Beispiel Burberrys zeigt aber auch, dass „See now, buy now“ sich in zugänglicher Mode widerspiegelt. Tatsächlich ließ sich die Kollektion, die von Virginia Woolfs Werk „Orlando“ inspiriert war und Frauen- sowie Männermode umfasste, problemlos in viele tragbare, eher simple Teile zerlegen. Da waren die Sweatshirts mit Keulenärmeln, die Pyjamahosen in unterschiedlichen Mustern, die dicken Lammfellbomber. Die mit aufwendigen Posamenten bestickten Offiziersjacken und -mäntel gehörten zu den extravaganteren Stücken, ebenso die Spitzenröcke, die über Seidenshorts getragen wurden. Dank solcher Einfälle und einem durchdachten Styling gelang es Bailey, den androgynen, feinen „Orlando“-Look glaubhaft zu transportieren. Abseits von diesem Versuch sah man den Kollektionen leider diesmal oft genug auch eine gewisse Ratlosigkeit an. Designer wie Erdem und Mary Katrantzou machten das, was sie ohnehin gut können: romantisch-rüschige Blumenfantasien der eine, psychedelische Musterexplosionen die andere. Beides war okay, aber lust- und einfallslos umgesetzt. Roksanda Ilincic immerhin lockerte ihre adrette Ladymode auf, verzierte ein langes fließendes Satinkleid mit sportlichen Streifen am Kragen oder zeigte einen absinthgelben Blouson aus gecrashter Seide. Das Designerduo Peter Pilotto probierte ebenfalls Neues aus, zeigte seine Kollektion in seinem Studio in Hackney, einer Gegend, die einst für ihre raue Umgebung war, und nun für ihre teuren Mieten bekannt ist: Schulterfreie, am Dekolleté geknotete Tops, und lange wallende Röcke erzählten von Peru und Kolumbien, wo die Designer kürzlich unterwegs waren. Wenn schon der Mut fehlt, so können sich doch wenigstens sehr viele Designer auf eine Richtung einigen: Romantisch und dekorativ soll es bitte schön sein. Rüschen und Volants flattern eifrig bei Preen by Thornton Bregazzi, Mulberry und Simone Rocha, Schößchen schmücken lange enge Sanduhrenröcke bei Mary Katrantzou. Emilia Wickstead entwarf hübsche Tüllkleider in Sorbetfarben, die leider nur Frauen mit Samantha-Cameron-Figur stehen dürften. Und selbst die hat das Girlie-Alter längst hinter sich. Paul Smith arbeitete zwar mit der Farbe Rosa, aber seine Kleider waren nicht niedlich, sondern in ihrer Schlichtheit erwachsen und angenehm entspannt. Sowieso ist das Kleid, meist lang, schmal, aus fließendem Material, das wichtigste Teil des kommenden Frühlings. Die schönsten gab es bei J.W. Anderson. Aus Leinen und mit Farbverläufen, in der Mitte gerafft oder mit Paspelnähten verziert. Kurze und enge Kleider sind dagegen das Erfolgsrezept von Donatella Versace, die ihre neue Kollektion für ihre junge Zweitlinie Versus vorstellte. Versace brachte auch die obligatorischen Social Models mit nach London: Bella Hadid lief auf dem Laufsteg, Schwester Gigi und Boyfriend Zayn saßen in der ersten Reihe. Christopher Kane, der bis vor vier Jahren noch für Versus entwarf, hatte Modeprominenz in Form von US-Chefredakteurin Anna Wintour zu Gast. Seine Kollektion war eine der wenigen, die sich nicht in die harmlose Blumenmädchenformel einordnen ließ. Ein Bleistiftrock aus Pelz, mit Mineralsteinen verzierte Crocs, ein schwarzer Ledermantel zum schwarzen Kleid, das bis auf wenige Stellen komplett transparent war. Gewöhnungsbedürftig, aber eben deswegen so spannend. Und Kane weiß ja trotzdem, was sich verkauft. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums seiner Marke veröffentlicht der Schotte eine zehnteilige Capsule Collection – aus Sweatshirts. Mode ist ein ernstes Business, aber thank god bringt auch dieses Geschäft Menschen hervor, denen man den Spaß an ihrer Arbeit wirklich ansieht. Schuhdesignerin Charlotte Dellal zum Beispiel verwandelte für die Show ihrer Schuhmarke Charlotte Olympia den Ballsaal des „Parklane Hotels“ in einen exotischen Copacabana-Nachtklub im Stil der 40er-Jahre, mit Bühnen- beziehungsweise Laufstegprogramm. Die Gäste saßen an kleinen runden Tischen, die Cocktailkarte kündigte die neuen Schuhmodelle an. Diese wurden zwar auch von Models vorgeführt, tanzende Showgirls in glitzernden Bodys verhalfen den von Carmen-Miranda-Kitsch inspirierten Modellen jedoch zu dem überdrehten Auftritt, den sie verdienten. Ein bisschen Hysterie schadet nie.Lesen Sie mehr auf:long prom dresses uk | queenieprom.co.uk